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Collective Suicide

 

Durch die großen, kunstvoll bemalten Fenster der riesigen Kathedrale fällt sanft das Licht des Mondes. Das hölzerne Eingangsportal ist von innen fest verriegelt, denn für einen Ausgang haben die zwei dunklen Gestalten, die auf dem Altar der Kathedrale in einer überirdischen Form der Leidenschaft versunken sind, keine Verwendung mehr. Im flackernden Licht von tausend Kerzen, die die Kirche in ein unergründliches Spiel flackernder Schatten tauchen, feiern die beiden die Vereinigung ihrer Körper. Unendlich lange haben der Mann und die Frau diesen Moment erwartet, der durch das alles begleitende Wissen, das dies das unwiderruflich letzte Mal sein muss, zum Höhepunkt all ihrer weltlichen Erfahrungen wird.

Dünne, aber tiefe Schnitte in Ober- und Unterlippe der Liebenden verstärken mit jedem leidenschaftlichen Kuss den ohnehin schon untrennbaren Blutsbund zwischen ihnen. Vereinigung in Körper und Blut – gekrönt von der Magie zweier verwandter Seelen, die nach langer Trennung nun schon viele Jahre ihre Bestimmung der Einheit erfüllen konnten. Wie ein überirdischer Schutz umgibt und beschützt sie die nackten, nur in lange schwarze Mäntel gehüllte Kinder der Nacht.

 

 

Es dauert lange, sicher Stunden, bis die beiden ihr Spiel beenden und tun, was sie sich einst schworen und wozu sie hergekommen sind.

 

Die Klinge des Messers, welches plötzlich in seinen Händen liegt, funkelt im Licht der Kerzen. Sein letzter Blick in ihre vor Erfüllung und Liebe strahlenden Augen ist frei von Wehmut, frei von Trauer und ohne Angst. Der Tod macht nut vollkommen, was im Leben schon ein Wunder war…. Denn sie haben gelebt, Monate, Jahre des Glücks und der Einheit, doch nun ist der Tag gekommen, den Schritt auf die andere Seite zu wagen. Der Bund ihrer Seelen hatte viel Zeit, sich vorzubereiten und ist jetzt stark genug, die letzte Bewährungsprobe auf dem Weg zur Ewigkeit zu meistern.

 

Beinahe sanft sticht er schließlich zu, mitten in ihr ruhig schlagendes Herz. Und auch sie, längst tödlich getroffen, zögert nicht, als sie nach dem zweiten Messer greift, es an seine Kehle setzt und ihm mit einer einzigen, ruckartigen Bewegung ewige Dunkelheit schenkt, in die sie ihm nur Sekunden später für immer folgt.

 

Noch immer sind sie eng umschlungen, ihr Kopf ruht auf seiner Brust, sein Arm um ihre Schulter, gehüllt in schwarzen Samt, gebadet in warmem, rotem Blut, das beinahe andächtig von allen Seiten des mächtigen Altars zu tropfen beginnt.

Eine Liebe, besiegelt durch Körper, Blut und Seele, die größer war, als das Leben ihr zu sein gestattete.

 

Delphi und Feuerrose